Sommerpause

Ich esse seit ein paar Wochen nur noch Salatherzen und Schafskäse. Manchmal auch nur Schafskäse. Öfter eigentlich. Dann aber mit Zwiebeln. Ich wollte damit mein Gewissen rein waschen, denn die Schweineesserei hat mir schon sehr zugesetzt. (Die Doppeldeutigkeit des letzten Satzteiles hat durchaus seine Berechtigung.) Nun muss ich mich aber fragen lassen, ob ich schon mal gesehen habe, wie dem Salat bei lebendigen Leibe das Herz herausgeschnitten wird? Oder ob ich weiß, wie viele Schafe man eigentlich braucht, um aus ihnen einen einzigen Schafskäse herzustellen? Natürlich habe ich mir darum wieder einmal überhaupt keine Gedanken gemacht. Egal. Mit dem guten Gewissen ist es jedenfalls wieder Essig. Eigentlich schließt die Nahrungsaufnahme das gute Gewissen sogar aus. Man kann sich nun mal nicht mit gutem Gewissen etwas einverleiben, was auch immer es sei. Bestenfalls hat man gar kein Gewissen und „gut“ ist alles, was einem selbst nützt. 

Aber ich will nicht ablenken. Wenn nämlich irgendwann alle Schafe zu Käse verarbeitet sind, ist es zu spät. Und dann die Tomaten. Die Tomaten führen ein Hundeleben. Wer einmal gesehen hat, wie sie eingepfercht, dicht an dicht und vielleicht noch in Gewächshäusern abhängen, kann nicht mehr einfach wegsehen. Und alles nur, um uns als Nahrung zu dienen. Um im finsteren Schlund zu verschwinden. Um mit Salz und Pfeffer vertilgt zu werden. Ich mache nicht mehr mit. Ich lasse die Tomaten in Ruhe, bis sie ihr natürliches Ende finden und auf meinem Küchentisch verfaulen. 

Ja, ich merke es auch, ich bin im Moment ein bisschen maulig. Natürlich frage ich mich, woher das kommt. Ich glaube, ich weiß es jetzt. Nachdem ich mich am Johannistag wegen der plötzlichen Kälte nur im Freien aufhalten konnte, in dem ich mit anderen Mittsommernachtsgästen um eine Tischtennisplatte herumrannte, begannen wir in dieser Woche mit den Proben für das Weihnachtsoratorium. Das kann einem zarten Gemüt schon ein bisschen auf die Stimmung schlagen. Dazu kam, dass im Chor unter den Männerstimmen ein Streit darüber ausbrach, welcher Ton an einer ganz bestimmten Stelle zur singen sei. Die einen sagten so, die anderen so. Einer versuchte zu schlichten, in dem er zu bedenken gab, wir hätten beim Notenmaterial eben verschiedene Ausgaben. Ich schlug vor, die von Bach zu verwenden und fand viel Zustimmung. Und jetzt ist Sommerpause. 

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