Auslegen ab 30



Ich habe mich in meinem kleinen Schreibhäuschen verbarrikadiert und warte. Meine Gemächer befinden sich im oberen Stockwerk. Ich habe Lebensmittel für einige Tage. Es kann also losgehen. An den Fenstern habe ich Beobachtungsposten eingerichtet. Ich will auf keinen Fall verpassen, wenn es gleich stundenlang regnet. Wenn es pladdert, dass die Dachrinnen überlaufen, wenn sich mein Balkon in ein flaches Bassin verwandelt, von dem Wasserfälle hinunterstürzen. Der letzte Regen, den ich miterlebt habe war, glaube ich, vor... vor... vor genau einem Jahr. Ich weiß noch, dass es so heftig und langanhaltend geregnet hat, dass mir die Fleißigen Lieschen auf dem Balkon ersoffen sind. In dieser Hinsicht kann auch nichts mehr schief gehen. 

Jetzt warte ich schon eine ganze Weile und es regnet nicht. Kein Tropfen. Es muss aber regnen, weil sonst alles vertrocknet. Der Gastwirt hat am Wochenende erzählt, dass er die Pfifferlinge aus Litauen geholt hat. So ein Quatsch! Dann soll es eben keine Pfifferlinge geben, weil es so trocken ist. Aber der Gastwirt will natürlich die Gäste bewirten, die wegen der Pfifferlinge kommen. Ich hätte das Schnitzel auch ohne Pfifferlinge gegessen. Zum Geburtstag meiner Mutter hat es eigentlich immer geregnet. Es war mitten im Juli, wir trafen uns alle im kleinen Garten und dann regnete es und hörte nicht mehr auf. Wir saßen im winzigen Häuschen und spielten Rommé. Auslegen ab 30. Klopfen erst nach dem Auslegen. Wenn es also jetzt nicht anfängt zu regnen, feiern wir nächste Woche einfach noch mal einen Gartengeburtstag. Dann wird es schon. Eine andere todsichere Methode zum Regen anlocken wäre noch, mit dem Zelt in den Urlaub zu fahren. Ich war mal mit meinem Zelt in Karlovy Vary. Ich baute mein Zelt auf - und es fing an zu regnen. Ich lief im Regen in die Stadt und verbrachte die Tage in einer Therme. Dazu trank ich Müller Thurgau. Abends lief ich durch den Regen zurück. Westdeutsche reisten vorzeitig ab und schenkten mir ihre übrigen Kronen. Ich gab alles für Müller Thurgau aus. Noch bevor das Geld ausging hatte ich keine trockenen Sachen mehr. Der Schlafsack war nass. Ob das Geld auch für ein Zimmer gereicht hätte? Wahrscheinlich nicht. Jedenfalls reiste ich auch ab. 

Immer noch kein Regen. Aber das wird schon. Ich kann ja mal die Wäsche auf den Balkon hängen, den Sonnenschirm aufspannen oder die Sitzbankauflagen draußen liegen lassen. Oder zu Fuß aus dem Haus gehen und den Schirm vergessen. Ein paar Tricks habe ich noch auf Lager. 

Kommentare