Jetzt sind also die Sonnenblumen doch noch vor Horst Seehofer eingeknickt, was eigentlich sehr schade ist. Einen Horst Seehofer kann man sich schließlich nicht so schön auf den Balkon stellen. Obwohl ich gern mal sehen möchte, was er bei dieser Dürre auf meinem Balkon für eine Figur machen würde. Ich hatte gestern meine Mütze vergessen und musste nur fünf Minuten in der Sonne auf den Bus warten. Trotzdem habe jetzt eine rote Birne. Aber nicht nur wegen der Sonne. Es ist ja auch schon alles ein bisschen peinlich. Es kann nicht mehr lange dauern, bis auch in Europa einer kommt und Zuspruch findet, der verspricht, eine Mauer zu bauen. Eine Mauer gegen das Leid, gegen die Not und gegen die Menschen, die davor auf er Flucht sind. Wir haben schließlich unseren Wohlstand und den wollen wir gefälligst behalten. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich zum europäischen Wohlstand so gut wie nichts beigetragen habe. Wirklich nicht. Trotzdem kann ich daran teilhaben, vielleicht, weil meine Eltern und deren Eltern so fleißig und entbehrungsreich dafür gearbeitet haben. Eigentlich bin ich nichts weiter, als der Erbe eines Wohlstandes, der mir einfach so zugefallen ist.
Wären meine Großeltern nun keine Deutschen gewesen, sondern meinetwegen Polen oder Tschechen, sähe es mit dem Wohlstand schon ganz anders aus. Dass sie Rumänen gewesen sein könnten, möchte man sich schon gar nicht mehr vorstellen. Es gibt aber Menschen, deren Großeltern Rumänen gewesen sind. Es gibt sogar Menschen, deren Großeltern Afrikaner waren. Warum geht es diesen Menschen nun so viel schlechter als mir? Und warum müssen wir sie wieder zurückschicken, wenn sie es schon auf sich genommen haben, hierher zu kommen? Hätte ich ein Kind im entsprechenden Alter, könnte es mir solche Fragen stellen.
Zum Glück muss ich keinem Kind diese Fragen beantworten. Ich muss sie mir nur selbst beantworten und schon dabei bekomme ich eben einen roten Kopf. Es ist nämlich so, dass das Elend doch bitte dort bleiben soll, wo es ist, und es soll nicht etwa hierher kommen. Das Elend ist eine ansteckende Krankheit. Wir helfen ihm schon, wenn es schön bei sich zu Hause bleibt. Wenn wir es reinlassen würden, würde es alle anstecken und wir hätten hier selber Elend. Dann könnten wir auch keinem mehr helfen. Das sagt aber nur die Angst. Das Herz sagt: „Es wächst hienieden Brot genug für alle Menschenkinder.“ Und jetzt entscheide dich: Auf wen willst du hören?
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