Gestern musste ich mit einem Rezept in die Apotheke. Es war sehr voll, alle drei Kassen waren besetzt. Ich stellte mich an der Distanz-Wartelinie auf. Dann schwebte ein Wesen herein, offenbar war es die Apotheken-Prinzessin. Sie lächelte mich an -mich!- und obwohl eine andere Kundin vor mir stand, rief sie mich heran. Ich stolperte nach vorne und gab mein Rezept ab. Sie schwebte wieder fort, kam zurück und gab mir lächelnd meine Tabletten. Dann fragte sie: „Möchten Sie auch mal am Glücksrad drehen?“ Na und ob ich das wollte! Wahrscheinlich bekam ich glasige Augen. Gleich würde sie mir ihr Glücksrad entgegenstrecken. Aber sie zeigte nur hinter mich, wo tatsächlich ein stinknormales Glücksrad stand und sagte: „Wir haben heute Apothekengeburtstag.“ „Herzlichen Glückwunsch“ stieß ich hervor und verließ eilig und schwer atmend das Geschäft. Jetzt frage ich mich natürlich, was ich verpasst habe. Was hätte man denn am Glücksrad gewinnen können? Ein Jahresabonnement der Apotheken-Rundschau? Eine Zuzahlungsbefreiung? Oder doch einen Tagesausflug mit der Apotheken-Prinzessin in ihrem von Einhörnern gezogenen Wagen, der einer perlmuttgearbeiteten Pillendose nachempfunden ist?
Ich werde es nie erfahren. Weil ich so verschlossen und allem Weltlichen abhold bin. Dafür bekam ich später drei Sonnenblumen zu meinem ersten zweiten Geburtstag. Wohl wissend, dass auch ihre Tage gezählt sind, will ich mich trotzdem an ihnen ergötzen, so lange es geht. Ich habe sie in einer Vase auf dem Balkon ausgestellt, dessen Trockenheit jetzt sogar das selbstwachsende Unkraut zum Opfer gefallen ist. Die Sonnenblumen und ich werden ihr eine Weile trotzen, bis auch wir freilich klein beigeben müssen. Die Sonnenblumen wahrscheinlich zuerst.
Wir werden ja sehen. Der Klügere gibt nach. Das ist wie mit Horst Seehofer und Angela Merkel. Einer von beiden muss zuerst dran glauben, aber ungeschoren kommen beide nicht davon. Das Land aber auch nicht. Das wird schon ein ganz ordentliches Erdbeben geben. Und auch, wenn man eigentlich darüber lachen will, könnte es einem doch im Halse stecken bleiben. Jetzt kann man vielleicht nichts mehr machen, aber vielleicht hat man vorher zu wenig gemacht oder einfach das Falsche? Es war so bequem im Mutti-Land. Vielleicht hätte man ja doch zeigen können, das es auch anders geht als mit Wut und auf der Jagd. Dass es vor allem besser geht. Dass die Mutti nicht immer da sein wird und dass man sich darauf vorbereiten sollte. Vielleicht. Vielleicht kann man jetzt nichts mehr machen. Vielleicht aber doch.
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