Ich habe eine ausgesprochen unterhaltsame Weiterbildung besucht. Der Dozent war Professor und Entertainer. Wahrscheinlich hätte er auch singen und tanzen können, sah aber aus Zeitgründen davon ab. Er hat mein Leben verändert. Unter anderem konnte er sehr anschaulich darstellen, wie sich die Vernachlässigung der Zahnpflege auf das Leben eines Menschen auswirkt. Karies wäre gar nicht das Problem, das dauere mindestens sechs Monate. Viel gefährlicher wäre die Aphtenbildung. Aphten im Mund seien ausgesprochen schmerzhaft. Ich verstand „Aften“ und wusste sofort, dass ich so etwas nicht im Mund haben wollte. Dann machte der Professor klar, dass das Kauen auf einer Seite durch die Aphten sehr schmerzhaft werden könnte. Wenn man dann nur noch auf der anderen Seite kaue, würde sich die Struktur des Kiefermuskels verändern. Die Kau-Seite würde hypertroph, die andere hypotroph. Erst bekäme man zusätzlich Kopfschmerzen, dann würde der Kopf auf der Kau-Seite größer und schwerer, was schließlich zu einer ganzkörperlichen Fehlhaltung führe, die mit schweren Wirbelsäulenschäden einhergehe. Dann nehme man unweigerlich Schmerzmittel, die wiederum innere Organe wie Magen, Leber und Niere auf die Dauer schwer schädigten. Anschließend schilderte er die sozialen Folgen des mit den Aphten einhergehenden Mundgeruchs, die ich uns hier aber ersparen will.
Dann ging unsere Feuerwehrsirene los. Mein Professor erstarrte. Zweifellos glaubte er, er müsse das Gebäude jetzt evakuieren und seine Schüler zum Sammelplatz führen. Er war wirklich entsetzt. Nur mit Mühe konnten wir ihn davon abhalten, seine Darbietung abzubrechen und den Saal zu räumen. Es kam zu Spontanreferaten aus dem Auditorium über die Bedeutung der Freiwilligen Feuerwehr im ländlichen Sozialraum. Der Professor hörte sich alles mit großem Unbehagen an. In Berlin, so dozierte er, gäbe es so etwas nicht. Er höre das Geräusch zum ersten Mal live.
Trotz dieser kleinen Ablenkung fühlten sich meine Zähne auf einmal irgendwie pelzig an. In der Mittagspause wollte ich einen Apfel verzehren und konnte nur noch rechts kauen. Links setzte es sofort furchtbare Schmerzen. Ich merkte, wie mein Kopf rechts immer schwerer wurde und der Rücken begann auf einmal höllisch wehzutun. Ich wollte entweder sofort eine Schmerztablette oder meine Zahnbürste, hatte aber beides nicht dabei. Unmittelbar im Anschluss an die Veranstaltung vereinbarte ich einen Zahnarzttermin. Die Schwester fragte, ob ich zur Kontrolle käme? Ich erklärte ihr, dass mich mein hypertropher Kaumuskel nach rechts vom Fahrrad reißen würde, wenn wir nicht schnell etwas unternähmen. Daraufhin bekam ich einen Termin für Mittwoch. Ich hoffe, das reicht noch.
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