Im Sinne des Verfassers

An heißen Sommertagen wende ich in meiner Wohnung einen einfachen aber wirkungsvollen Trick an, um mir Abkühlung zu verschaffen: Ich warte die Mittagszeit ab und erhitze dann mehrere Töpfe mit Wasser auf dem Herd in der Küche. Ich koche Kartoffeln und grüne Bohnen und ich brate Fleisch. Die Küche ist ohnehin der heißeste Raum in der Wohnung, denn sie hat keinen funktionierenden Sonnenschutz. Durch die beschriebenen Aktivitäten erreiche ich nach dem Schließen der Tür Temperaturen, die denen auf der Oberfläche der Sonne nahekommen. Dann verzehre ich die doppelte Menge meines eigentlichen Kalorienbedarfs in der Hälfte der sonst üblichen Zeit. Anschließend wasche ich noch ab. Dann verlasse ich die Küche wieder. Das dauert alles nicht länger, als zwanzig Minuten. Aber selbst, wenn ich vorher in den anderen Räumen fast erstickte, erscheinen sie mir nach meinem kurzem Aufenthalt im Vorhof der Hölle wie Kühlzellen. Ich muss mir etwas überziehen, um mich nicht zu erkälten. 
Dieses Prinzip heißt: Schlimmer geht immer. Immer dann, wenn man meint, es nicht mehr aushalten zu können, muss man nur einen kleinen Augenblick die gegenwärtigen Zustände auf die Spitze treiben, um gleich anschließend das Gefühl zu haben, im Paradies zu leben. Durch die Übertreibung eines an und für sich schrecklichen Ereignisses geht der Schrecken verloren; man muss lachen und kann wieder atmen. So ähnlich hat Georg Kreisler seinerzeit erklärt, wie er seine schwarzhumorigen Lieder macht. Er nannte sie Everblacks. Das letzte schreckliche Ereignis, von dem wir wissen, ist der Befall des IPhones durch eine Schadsoftware namens Pegasus. Alles, was ich in den letzten zwei Wochen gesagt und geschrieben habe, wurde mitgehört und ich weiß nicht von wem. Nun, um diesen Schrecken zu entwaffnen, veröffentliche ich schon seit ein paar Jahren alles, aber auch alles, was ich so schreibe. Es gibt keine Geheimnisse. Jeder könnte es lesen. Ich bin der Mann aus Glas. Es ist inzwischen allerdings schon wieder soviel Material, dass man darin unmöglich noch irgend eine Information finden kann. Wo versteckt man heute nämlich Informationen? Richtig, in noch mehr Informationen. Es ist ja kein Geheimnis, dass eine uns überlegene Zivilisation die Lösung aller Fragen und Probleme der Menschheit in der Summe aller Fernsehsignale versteckt hat. 
Wer sich die Mühe machen würde, alle diese Informationen auszuwerten, hätte den Schlüssel zur Weltherrschaft in den Händen. In meinem Fall würde man einem - na, sagen wir: zumindest nicht uninteressanten Menschen begegnen. Das wäre durchaus im Sinne des Verfassers. 
(28.06.2016)

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