Ich und Musik! Das wir beide mal zusammenkommen, war nicht abzusehen. Ich hatte zwar nie Schwierigkeiten mit dem Singen, aber das war es dann auch schon. Alles andere betreffend war ich vollständig „unmusikalisch“. Falls es so etwas überhaupt gibt. Ich hörte mir keine Musik an und Discoveranstaltungen waren, solange es noch keinen Alkohol gab, eine Quälerei. Die Hitparade im ZDF und disco sah ich mir allerdings an. Schallplatten mit Musik hatte ich nicht und natürlich auch keine Kassetten. Auf Klassenfahrten hatten andere Jungs schon längst immer ein Köfferchen mit Kassetten dabei. Ich staunte. Oder ich staunte nicht. Ich weiß es nicht mehr. Simone brachte die ersten Schallplatten mit. Konstantin Wecker mit dem „Willi“ und Hermann van Veen mit dem „Kinderrad“. Und Gerhard Schöne. Der sang auf irgendeiner Platte vom Messias und vom „Großen Halleluja“. Irgendwann hatte ich dann auch so eine Platte. Bei Witti bekam ich dann gratis richtigen Unterricht. Der hatte ein Zimmer, das mit Schallplatten zugestellt war und einen Plattenspieler mit so einem Stapelwechsler, der bis zu 10 Platten fasste. Er kannte zu jeder Band alle Geschichten. Dazu rauchten wir Karo, bis seine Mutter von der Arbeit kam und stöhnend die Fenster aufriss.
Axel hatte auch Platten, die durfte man aber nicht berühren. Er erzählte nicht so viele Geschichten dazu, dafür hörten wir mit großer Andacht zu. Danach gingen wir schweigend ins Wirtshaus und verzehrten ein Gericht aus Gehacktem und rohem Ei, dessen Name mir jetzt nicht einfallen will. Dann fand ich auf einem Dachboden ein altes Smaragd-Tonbandgerät. Zur Aussteuerung der Mono-Aufnahme gab es ein „Magisches Auge“. Ich trug das Trumm zum Käpt‘n, dem Kaplan der katholischen Gemeinde. Der hatte das Decade-Album von Neil Young. Ich saß dort stundenlang und beobachte, wie ein Mann mit dem Zölibat lebt. Der Frühstückstisch war immer schon gedeckt, wenn wir abends in der Küche saßen. Es gab eine Haushälterin, die sich um solche Sachen kümmerte. Das gefiel mir.
Dann kaufte ich vom ersten Arbeitslohn eine „Stereoanlage“ und ein Kassettendeck. Das Kassettenteil schleppte ich zu Stefan nach Berlin um Heinz-Rudolf Kunze und Herbert Grönemeyer aufzunehmen. Heute kann man die Kassetten nicht mehr abspielen. Dann passierte lange nichts. Schließlich hörte ich an der Akademie für Musiktherapie bei Ulrike wieder Musik und bekam es mit mir selbst zu tun. Ich kaufte einen Ohrenbackensessel. Ich lernte Christoph kennen, der nicht müde wird, der Musik zu begegnen und andere damit anzustecken. Er hat mich wieder eingeladen, worüber ich mich sehr freue. Und wenn ich irgendwie kann, werde ich kommen.
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