Frühling

Ich bin verliebt. Es hat mich richtig erwischt. Dabei kennen wir uns schon eine ganze Weile. Natürlich habe ich sie gleich nach dem ersten Treffen mit nach Hause genommen. Wir haben die erste Nacht zusammen verbracht, weitere folgten. Dann traten Beschwerden auf. Mir tat morgens die Schulter weh. Ich musste eine Entscheidung treffen. Ich habe sie in die Ecke gestellt und eine Andere genommen.

Ich habe sie schnell vergessen, aber mit der Anderen war auch nicht alles schön. Zwar waren jetzt die Schmerzen weg, aber sie war irgendwie zu klein. Sicher, es gab auch Größere, aber die waren eben wieder zu groß. Es ist nicht leicht, in meinem Alter was Passendes zu finden. Nun war sie aber einmal da, ich wollte nicht schon wieder wechseln, also haben wir uns arrangiert. Ich wollte nicht wahrhaben, dass das Problem tiefer sitzt. Man hält sich dann an Äußerlichkeiten fest. Irgendwann habe ich alles auf das alte Schrankbett geschoben. Es ist bemerkenswert, was man für Energie entwickeln kann, wenn erst mal ein Sündenbock ausgemacht ist. Die freien Tage habe ich dafür genutzt, den Platz für das neue Bett zu schaffen. Es musste geräumt, gebohrt und geschraubt werden. Das alte Schrankbett wurde in die fensterlose, etwas verrümpelte Kammer verbannt und mit der Stahlbetonwand verdübelt.

Das neue Bett ist bestellt und kommt Anfang Mai. Ich konnte mich nicht dazu durchringen, in der fensterlosen, verrümpelten Kammer zu schlafen. Eine Nacht verbrachte ich allein auf dem extraharten Federkern der Wohnzimmercouch. Es war furchtbar. Da fiel SIE mir wieder ein. In der folgenden Nacht legte ich SIE auf die Couch. SIE schmiegte sich an mich, als wäre nichts gewesen. Ich sehne die Nacht herbei, um SIE wieder auf die Couch und mich auf SIE zu werfen. Ich liebe sie, mehr als je zuvor: Meine gute alte Kaltschaum-Rollmatratze.

Aus: Schwarze Banane, 2013

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