Ende der Welt

Heimat ist immer, wo wir Freunde finden. 
Wo immer jemand auf dich wartet, da ist zu Haus.
Und Glück, wenn jemand nach all deinen Wegen 
Ein Licht für dich ins dunkle Fenster stellt - 
Heut Nacht kann ich mein Bündel niederlegen
In meinem Dorf am Ende der Welt
Reinhard Mey

Es gibt Orte auf der Welt, von denen hat man noch nie gehört. Man lebt einfach sorglos in den Tag hinein und kann sich gar nicht vorstellen, dass es solche Orte gibt. Dabei wird dort doch auch gelebt und das nicht zu knapp. Klar, Berlin kennt jeder und Leipzig auch. Genau wie Köln, Mainz und Hamburg. Aber was ist mit Nietwerder, Hennigsdorf oder Rüdnitz? Hohenwulsch und Tiefenwulsch? Wer kennt Tröbsdorf? Das gibt es alles und irgendwie müssen die Menschen, die hier leben, einmal hierher gekommen sein. Ich könnte erzählen, wie ich nach Rüdnitz gekommen bin: Rüdnitz ist ein Nachbardorf von Lobetal, wo ich zuvor wohnte und ich spürte eines Tages ein großes Verlangen wegzuziehen, weil mir dort irgendwann einmal entschieden zu viel gebaut wurde. Nach Lobetal war ich geraten, weil ich da eine schöne Arbeit gefunden hatte und weil mir der Weg dorthin aus Berlin, wo ich bis dahin wohnte, einfach zu weit war. Wie ich nach Berlin kam, brauche ich nicht zu erklären, denn Berlin kennt eben jeder und jeder kann sich ausmalen, wieso man dorthin zieht.

Aber: Was ist mit Knau? Und wie in aller Welt könnte es einen dorthin verschlagen? Nun, in Knau gibt es ein Rittergut, eine Schule und einen Kindergarten. Außerdem gibt es Landwirtschaft, eine Bowlingbahn und einen Grünschnittplatz. Knau ist ein geradezu idealer Ausgangspunkt für verschiedene Aktivitäten wie Wandern oder Radfahren. Es gibt dort mehr Teiche als Strolche und noch viel mehr Schwäne als Teiche. Das alles hätte ich vielleicht zur Kenntnis genommen, ohne den Wunsch zu verspüren, mir diesen Ort genauer anzusehen. Bestenfalls hätte ich ihn interessant gefunden. Was Knau aber für mich liebenswert macht, ist etwas Anderes: Knau ist nämlich die Heimat meiner Freundin und hier steht ihr Elternhaus. Meine Freundin hat Geschwister, Cousinen und Cousins und ihre Eltern führen ein gastfreies Haus. Es ist groß genug und es ist so etwas, wie ein sozialer Hotspot für die Familie. Ich habe noch nicht alle kennengelernt, aber die meisten. Und sie begegneten mir mit Wärme, mit großer Freundlichkeit und Interesse.

Ich bin gerade dabei, mich von meinem alten Leben zu verabschieden. Meine Arbeit, meine Kollegen,  meine Wohnung, meine Freunde - das alles wird sich verändern. Ich weiß noch nicht, ob ich etwas verliere. Aber wenn, dann ist das, was ich gewinne um ein Vielfaches größer. Es sind besondere Orte und besondere ereignis- und erlebnisreiche Tage und Nächte. Es sind besondere Menschen - Frauen, Männer und Kinder. Es ist nichts weniger,  als eine neue Heimat.

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