Es wird immer schlimmer. Der Verkehr kommt zum Erliegen. Die mobile Gesellschaft bricht zusammen. Mein jüngstes Deutsche-Bahn-Erlebnis hat eine neue Qualität erreicht. Dabei bin ich nun wirklich kein Bahn-Verächter. Ich liebe die Bahn. Meine berufliche Laufbahn begann mit der Bahn. Ich würde sogar sagen, ich bin ein Fan. Wann immer es möglich ist, fahre ich Bahn und ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass dort größtenteils Menschen arbeiten, die ihr Handwerk verstehen und die einen guten Job machen. Trotzdem wird es immer schlimmer - nicht deshalb, weil zu schlampig und schon gar nicht, weil zu wenig gebaut würde. Das Problem - hier stimmt es wirklich einmal - das Problem ist der Kunde. Der Reisende. Der Bahnfahrer. Also nicht ich und du auch nicht. Aber die anderen. Es sind einfach zu viele. Ich muss fahren - und du auch! Aber die anderen. Die könnten, ja die müssten bitte einfach mal zu Hause bleiben.
Am Donnerstag, den 25.7. 2019 fiel der ICE nach München aus, mit dem ich um 16:30 vom Berliner Hauptbahnhof nach Leipzig fahren wollte. In so einem ICE gibt es mehr als tausend Plätze und wenn nur ein Viertel davon in Berlin einsteigen wollte, sind das schon ganz schön viele. Die enterten offenbar alle den ICE, der eine halbe Stunde früher über Halle nach München fahren wollte. Der war auch schon ausgelastet und nun einfach überfüllt, als ich einstieg. Zurzeit wird gegen einen Zugchef wegen fahrlässiger Körperverletzung und unterlassener Hilfeleistung ermittelt, weil er bei ausgefallener Klimaanlage weitergefahren ist. Unsere Zugchefin wusste das offenbar und fuhr gar nicht erst los. Mit Durchsagen, Reisegutscheinen und mit der Polizei, versuchte sie die nichtklimatisierten Bereiche zwischen den Wagen zu räumen. Offenbar hatte sie Erfolg, denn wir fuhren schließlich los. Allerdings nur bis Südkreuz, dann wiederholte sich das Spektakel. Ich hatte mich glücklicherweise in den klimatisierten Bereich des Bordbistros durchgearbeitet, blieb unbehelligt, bekam ein Hefeweizen, Gratis-Wasser und erreichte in Halle meinen Anschlusszug.
Glück gehabt. Ähnliche Geschichten kann man bald jede Woche erleben. Dazu Chaos-Meldungen von Flughäfen und Autobahnen. Das Ausnahme-Chaos wird zur Regel. Wer das alles nicht miterleben will, tut gut daran, sich einen Ort zu suchen, wo er bleiben kann. Ich habe ihn für mich gefunden und die Deutsche Bahn verliert einen treuen Kunden. Ihr Fan bleibe ich aber, denn sie wird bis zum allerletzten Augenblick fahren und ihren Auftrag erfüllen. So wie John Maynard.
„Wer ist John Maynard?
John Maynard war unser Steuermann.
Aus hielt er, bis er das Ufer gewann.
Er hat uns gerettet, er trägt die Kron‘.
Er starb für uns, unsere Liebe sein Lohn.
John Maynard.“
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