Mein letzter Besuch in einem Zirkus ereignete sich irgendwann während meiner frühen Kindheit. Damals hatte ich ein traumatisches Erlebnis: Ein PKW fuhr in der Manege herum. Dann gab es einen lauten Knall und ein Affe purzelte aus dem Wagen. Entweder hat mich dieses Ereignis so erschreckt oder das eigentlich Schreckliche passierte danach und ich erinnere mich einfach nicht mehr daran, wie bei meinem Autounfall. Jedenfalls verweigerte ich von Stund an ausnahmslos alle weiteren Zirkusbesuche. Ich weiß noch, dass ich hin und wieder allein auf dem Balkon stand, wenn wieder Zirkus war und auf den Knall wartete, der aber niemals mehr kam. So ging das bis zum vergangenen Samstag. Die Eltern meiner Freundin fragten uns, ob wir sie nicht in den Zirkus begleiten wollten, denn man könne eigentlich nur mit Kindern so richtig in den Zirkus gehen. Ich schluckte und sagte zu.
So ein Zirkus verursacht einen gigantischen Aufwand. Sehr viele LKWs, ein Wohnwagendorf, Käfigboxen für die Tiere, dazu das Futter und der ganze Mist. Das hat alles seinen Preis, der nicht billig war. Wenn man aber einen Gutschein hatte, musste man nur ein Drittel des regulären Eintrittspreises bezahlen. Ein Vater meiner Freundin und dreier weiterer Kinder muss da nicht lange überlegen. Am Ende hatte er so viele Gutscheine, dass er noch welche verschenken konnte. Die Kinder, die so in den Genuss der Zirkusvorstellung kamen, ohne anschließend ihre Kinderzimmer untervermieten zu müssen, werden ihn nicht vergessen.
Das riesige Zirkuszelt war höchstens zu einem Viertel besetzt. Aber Zirkus ist Zirkus und als die Vorstellung begann, dachte keiner mehr an solche Nebensächlichkeiten. Zirkusleute sind schon besondere Menschen und Zirkustiere sind es auch. Irgendwie schaffen sie es, einen die unbequemen Sitze, die nicht vorhandene Bewirtschaftung im Allgemeinen und das fehlende Hefeweizen im Besonderen sowie die seltsame Atemluft vergessen zu lassen. Und sei es nur, weil man froh ist, dass man nicht in die Manege geholt wurde. Dieses Schicksal traf zum Glück die anderen und so viele waren wir ja nicht. Der Clown hatte keine Lust, sich ganz allein zum August zu machen und hat sich diese Aufgabe einfach mit dem Publikum geteilt. Es ist ihm ganz gut gelungen.
Am Ende war ich glücklich, dort gewesen zu sein. Ich weiß nicht, ob ich jetzt wieder öfter hingehe. Unwahrscheinlich ist es nicht. Und: ohne Kinder ist es nun mal kein richtiger Zirkus.
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