Glücklich sein

Wir sind eins,
Dein Glück ist meins,
Mein Los ist deins,
Das ist, so scheint's,
Das Einmaleins,
Der Sinn des Seins.
Wir sind eins.
Reinhard Mey

Inzwischen glaube ich nicht mehr, dass meine berufliche Zukunft im Sektor der abhängigen Beschäftigung liegt. Meine letzte Bewerbung zeitigte zwar eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch, die jedoch nach der telefonischen Kontaktaufnahme zur Terminvereinbarung wieder zurückgenommen wurde. Vordergründig wurde mir zur Last gelegt, dass ich um eine Wegbeschreibung zu Fuß gebeten hatte; für die ausgeschriebene Stelle hätte man sein Kraftfahrzeug mitzubringen. Sollte ich darüber nicht verfügen, sei unser Termin sinnlos und darum leider hinfällig. Ich glaube aber eher, dass mein brandenburgisch gefärbtes Idiom mich bereits am Telefon in Misskredit gebracht hat. Tatsächlich ist es so, dass ich es hier im Alltag am Weitesten bringe, wenn ich schweige und lächle. Leider schlägt man sich so nicht durch ein Vorstellungsgespräch. Natürlich kann das nicht als Grund für eine Absage herhalten, denn das verstieße ja gegen das Diskriminierungsverbot. Ich könnte vielleicht noch versuchen, mich als Amischer auszugeben und den Besitz eines Kraftfahrzeugs aus religiösen Gründen ablehnen.  Aber irgendein Grund für eine Absage wird sich schon finden lassen, wenn es denn überhaupt einen geben muss. 

Nein, es hat auf die Dauer keinen Zweck und es ist auch nicht gesund, seine Herkunft zu verleugnen. Vielmehr müsste es gelingen, aus der der Not eine Tugend zu machen und aus den vermeintlichen Schwächen Kapital zu schlagen. Ein mir sehr freundlich zugewandter Sachse hat mir schon vor längerer Zeit den Weg gewiesen: „Ein Preuße in Sachsen“ - das wäre eine Überschrift, unter der ich mich fortan veröffentlichen könnte. Höchstwahrscheinlich hat er recht. 

Alles, was ich zunächst zu tun hätte, wäre ein schönes Programm aus Texten und Liedern zusammenzustellen unter diesem Motto zu Markte zu tragen. Bei diesen zunächst sicherlich sehr hilflosen Gehversuchen in meinem neuen Beruf, wird es genügend Erlebnisse voller unfreiwilliger Komik geben, die ich dann nur noch aufzuschreiben brauche. Mit dem Programm klingele ich bei Gartenfesten, Musik-Kneipen, Weihnachtsmärkten, Neujahrsempfängen, Kirchgemeindefesten, Seniorengeburtstagen und was es sonst noch für Gelegenheiten gibt, sich vorsingen und vorlesen zu lassen. Auf keinen Fall komme ich ins Fernsehen, denn die ganze Sache soll ja nicht in Stress ausarten. Es soll mir in erster Linie Spass machen und wenn ich am Ende noch ein bisschen Geld übrig hätte, um für die Frau, die mich liebt, Rosen zu kaufen, dann wäre ich glücklich. Und wenn ich glücklich bin, ist sie es auch. 

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