Es kann losgehen

Das wirkliche Leben braucht für seine Entfaltung das Ungewisse, das Ungefähre, also: das Verborgene. Weil das Leben selbst ein Geheimnis ist, kann es in seinem Werden auch nicht einfach offen vor einem liegen. Es braucht eine warme Decke, unter der es sozusagen vor sich hin köcheln kann, ohne dass man genau weiß, was schließlich dabei herauskommt. Darin besteht das Problem beim investigativen Journalismus: Dass er ständig und ausdauernd versucht, die Decke wegzuziehen. Da kann sich natürlich nichts Schönes entwickeln und das, was schon da ist, schreit vor Schreck und wird ganz häßlich. Das denkt sich jetzt vielleicht der Bundesverkehrsminister. Darin ginge er dann aber doch fehl, weil er schlußendlich Heimlichtuerei zum Zwecke der Rechtsbeugung mit dem wirklichen Leben verwechselte. Das wirkliche Leben ist aber mehr und größer als die kriminellen Machenschaften von ein paar Berufsegozentrikern. Das merkt man, wenn es einem begegnet.

Nachdem es im September in Bezug auf meine berufliche Entwicklung eher ruhig zuging, nimmt die Sache mit dem Oktober plötzlich Fahrt auf. Aktuell gibt es drei Optionen, von denen sich mal die eine, dann wieder eine andere etwas deutlicher vor der Zukunft abzeichnet. Zur Stunde weiß ich immer noch nicht genau, was es wird. Nur dass spätestens Anfang der nächsten Woche mindestens eine Option ausscheidet, ist gewiss. Ich muss sagen, dass mir dieser Zustand sehr gefällt. Leider ist er naturgemäß nur von kurzer Dauer. Der Natur nach handelt es sich nämlich um eine Krise. Echte Krisen dauern niemals lang, denn je länger sich eine Entscheidung hinzieht, umso unwahrscheinlicher wird es, dass es dazu kommt. Kairos ist der richtige Zeitpunkt, die Entscheidung zu fällen. Dieser Zeitpunkt kommt schnell, „fliegenden Fußes“, denn Kairos hat Flügel an seinen Füßen. Außerdem hat er nur am Schopf Haare, sein Hinterkopf ist kahl. So kann man ihn nicht fassen oder halten, wenn er einmal vorbei geeilt ist. Echte Krisen sind nichts, wovor man sich fürchten muss. Und zur Krise gehört auch immer die Hoffnung.

Neues Leben entsteht im Verborgenen. Noch entwickelt es sich unter seiner warmen Decke. Aber es gewinnt Form und Gestalt und manchmal glaube ich, ich kann es lachen hören. Es freut sich auf sich selbst und darauf, aus dem Verborgen ins Licht zu treten, wo alle es sehen können. Manchmal wird das Universum nämlich ganz klein und der Kosmos wird sehr überschaubar. Welchen Platz die Erde darin einnimmt, kann ich nicht sagen. Aber etwas anderes ist gewachsen: mein Verständnis vom meinem Platz in diesem Kosmos und von meiner Rolle darin. Es kann losgehen.

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