Alte Geschichten

Ich war mal wieder viel zu früh wach. Auch nach dem Kaffee trinken und Zeitung lesen war es gerade mal sieben Uhr. Ich beschloss mir fürs Frühstück Brötchen zu kaufen. Normalerweise mache ich das nicht, weil es nämlich gar nicht geht. Das Frühstück ist die Mahlzeit, die man einnimmt, bevor man das Haus verlässt. Wenn ich vor dem Frühstück raus muss, kann ich danach nicht mehr frühstücken. Aber wenn man morgens um sieben schon seit vier Stunden wach ist, kann von Frühstück sowieso keine Rede mehr sein. Also sattelte ich mein Bike und fuhr zum Laden. Der Laden war noch zu. Montags bis freitags öffnen sie um acht Uhr. Egal. Einmal mit dem Rad unterwegs kann man auch in die Stadt fahren. Da stehen sie früher auf. Als erstes kommt der rote Netto. Fein, da kann ich gleich noch Brot mitnehmen.

Im roten Netto haben sie (wie übrigens auch bei Lidl) eine Brotschneidemaschine zur Selbstbedienung. Das Brot war noch warm. Mmmmh. Die Maschine ist leicht zu bedienen: Brot reinlegen, Deckel zu, Knopf drücken. ffft-ffft-ffft-ffft-ffft-ffft-ffft-ffft. Fertig. Diesmal holte ich einen zermanschten Klumpen aus der Maschine. Ach ja. Man soll kein warmes Brot schneiden. Ich ließ mir nichts anmerken und versuchte, den krümelnden Brocken in eine Tüte zu verpacken. Es war nicht einfach und ich spürte, wie mich tausend Blicke in den Rücken trafen. Wenn ich mich schnell umdrehte, war aber niemand zu sehen. Ich geriet in Panik und musste atmen. Den verstümmelten Klumpen im Wagen floh ich durch die Regalschluchten. Ich musste das Ding irgendwie loswerden. Oder sollte ich an der Kasse etwa diese Missgeburt aufs Band legen? Undenkbar. Ich rannte los. Nach einer scharfen Linkskurve feuerte ich den Kloß in irgendein Regal. Ich ließ den Wagen zurück und hechtete wieder links in den nächsten Gang. Er war menschenleer. Es war mir gelungen, meine Verfolger abzuhängen. Ich stand auf und tat so, als würde ich einkaufen. Was wollte ich eigentlich hier? Vorm Müsli stand eine dicke Verkäuferin und sortierte irgendwelche Pappschachteln aus, die sie sich über die Schulter in einen großen Gitterwagen warf. Das war jedenfalls ihre offensichtliche Absicht. Jede zweite Schachtel traf mich voll. Kein Ort zum Verweilen.

Damit ich an der Kasse etwas zum Vorzeigen hatte, nahm ich noch eine Flasche Sonnenblumenöl mit. Als ich wieder draußen war, hatte es angefangen zu regnen. Was für ein wunderbarer Morgen! Es war gerade mal halb acht und ich hatte schon alles erledigt. Der frühe Vogel fängt den Wurm. Ich trank mein Öl aus und fuhr nach Hause.

 06.09.2015

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