Dieser Herbst birgt viele Überraschungen. Unwägbarkeiten. Imponderabilitäten. Letztere muss man übrigens von den Imponderabilien unterscheiden. Bei Imponderabilien handelt es sich zwar auch um Unwägbarkeiten, jedoch in einem wörtlichen Sinne, während Imponderabilitäten Unberechenbarkeiten im übertragenen Sinne bezeichnen. Mithin sind also Imponderabilien eher Gefühlszustände, Befindlichkeiten oder nicht quantifizierbare Risiken, alles Sachen, die man eben nicht wiegen kann. Babys kann man dagegen sehr wohl wiegen und dass sie rasch an Größe und Gewicht zulegen, sollte einen, wenn überhaupt, dann doch wohl freudig überraschen. Ich hatte in den zurückliegenden vierzehn Tagen Urlaub und wollte der Frau, die mich liebt, bei der Säuglingspflege und -betreuung ein bisschen mehr zur Hand gehen, als ich das sonst als erwerbstätiger Vater zu tun in der Lage bin. Wer seinen Wilhelm Busch gelesen hat, wird jetzt schon denken: „Wenn einer, der mit Mühe kaum gekrochen ist auf einen Baum, schon meint, dass er ein Vogel wär; so irrt sich der.“ Alle anderen wissen jedenfalls, dass ein Mann seine Grenzen kennen sollte. Ich weiß das natürlich auch, aber wie soll man seine Grenzen kennen, wenn man sich nicht bis dort hinaus wagt. Schließlich hat mir die Frau, die mich liebt, zum Geburtstag das Buch von dem Huhn Trudel Gedudel geschenkt, das vom Zaun des Hühnerhofes gepurzelt ist.
Es ist aber nun mal so, dass man Äpfel nicht mit Birnen vergleichen kann. Was ein Mann zu leisten im Stande ist, ist eine Sache. Es hat aber gar nichts damit zu tun, was Frauen so alles machen können. Man sagt ja nicht umsonst: Schuster bleib bei deinem Leisten. Eine asiatische Weberameise kann zum Beispiel das 100fache ihres Körpergewichts tragen. Die Frau, die mich liebt kann unser Baby in einem Arm tragen, während sie mit dem anderen Vier-Gänge-Menüs zubereitet. Ich brauche zum Tragen beide Arme, kann dabei nicht einmal trinken, geschweige denn essen und selbst dann sieht es so aus, als würde mir das Kind jeden Augenblick entgleiten. Das war aber nur am ersten Tag meines Urlaubs so. Am Morgen des zweiten Tages konnte ich mich gar nicht mehr bewegen. Aber auch das hat sie mit ihren Heilhänden und Voltaren wieder gut gemacht.
So ist das eben mit der Liebe: Man kann sie sich nicht verdienen und auch nicht zurückzahlen. Man kann sie nur als Geschenk annehmen, sich überraschen lassen, dankbar sein und hoffen, dass sie morgen auch noch da ist. Und alles, was man dazu tun kann, ist: nichts. Sein lassen! Oder nochmal mit Wilhelm Busch: „Das Gute, dieser Satz steht fest, ist stets das Böse, das man lässt.“
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