Ins Kellerloch der eigenen Seele kann man zum Glück nicht hinabsteigen. Es könnte aber etwas daraus auftauchen.Das erste Wort ist der Anfang eines Fadens, an dem man einen Text wie eine Perlenschnur aus der Tiefe heraufzieht. Hat man den Anfang gefunden, muss man nur noch vorsichtig ziehen. Vorsichtig, denn die Schnur kann natürlich auch reißen. Dann fängt man wieder von vorne an. Die Tiefe ist die Tiefe des Selbst. Sie ist völlig unerforscht. Was sich dort unten tummelt, will man eigentlich gar nicht so genau wissen. So kann man auch etwas aus der Tiefe heraufziehen, was vielleicht besser unten geblieben wäre. Das ist mir aber noch nicht passiert. Trotzdem ist es dort unten finster und selbst hinabsteigen kann man zum Glück nicht. Aber eben etwas hinaufziehen.
In meinem Gartenhaus gibt es so ein Kellerloch, in das ich klettern muss, um das Wasser für den Winter abzustellen. Da weiß man auch nicht, was man dort vorfindet. Im vergangenen Jahr war es ein totes Nagetier, dieses Jahr eine sehr lebendige und riesige Spinne. Es gibt doch eigentlich wenige Geschöpfe, mit denen man seinen Lebensraum teilen will. Aber wenn wir eines Tages vor dem Wirbelsturm in den Keller fliehen müssen, wird uns nichts anderes übrig bleiben. Langsam kriechendes Geziefer wird erst zum Problem, wenn man schlafen muss. Es bleibt zu hoffen, es bleibt auch lieber unter Seinesgleichen und kriecht in die Ecken, in denen wir nicht sind.
Aber wie gesagt: Unbekannter und angsteinflößender als jedes Kellerloch sind die Abgründe der Seele, aus denen die Perlenkette mit den Worten auch Unsagbares herauf befördern kann. Nichts für Schwächlinge oder Angsthasen. Denn wenn es einmal oben ist, hat man es wohl oder übel vor der Nase und muss sich damit auseinandersetzen. Dieses Problem kann man ein stückweit umgehen, indem man die Tiefe nicht allzu tief auslotet. Man muss rechtzeig wieder aufhören, zu ziehen und die Perlenschnur durchschneiden. Dann kann man mit einem wohligen Schauer hinterherlauschen, was alles wieder in den Abgrund zurückfällt.
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