Worte lassen sich immer wieder neu und endlos aneinander reihen. Und jedesmal erzählen sie neue Geschichten.
Die Geschichte, wie ich einmal Schriftsteller werden wollte, habe ich schon oft erzählt. Ich wollte kleine Geschichten schreiben, die ich im Zeitungskiosk in der Bahnhofshalle abliefern wollte. Ob zum Verkauf oder zum Verschenken, weiß ich jetzt nicht mehr. Ich weiß auch nicht, was das für Geschichten sein sollten. Ich weiß nur noch, dass ich sie natürlich mit der Schreibmaschine schreiben musste. In unserem Haushalt gab es aber keine Schreibmaschine und ich glaube, keiner der Mieter in unserm Aufgang hatte eine. Immerhin war eine Schreibmaschine ein Vervielfältigungsgerät. Es ist durchaus denkbar, dass so etwas in der Deutschen Demokratischen Republik zumindest registrierungspflichtig war. Wie dem auch gewesen sein mochte, ich bekam die Schreibmaschine nicht und folglich sind auch die kleinen Geschichten nicht entstanden. Pegasus weiß, was damals verloren gegangen ist. Wahrscheinlich gar nichts. Denn irgendwann hatte ich ja eine Schreibmaschine, mit der ich alles Mögliche schrieb, nur keine Geschichten. Ich schrieb Briefe, ich schrieb Referate. Als ich dann studierte, kaufte ich eine elektronische Schreibmaschine, die ein paar Seiten speichern konnte. Den Speicherinhalt ratterte sie dann wie ein Maschinengewehr herunter. Das Geld hatte ich vom Währungsumtausch. Jeder durfte viertausend Mark 1:1 in D-Mark tauschen, den Rest 2:1*. Mein Konto war natürlich leer, aber von meiner Oma bekam ich den Viertausender, den sie dann nicht mehr zurück haben wollte.
Die elektronische Schreibmaschine hat jetzt unser großes Kind. Er hatte erst ein altes Notebook, bei dem er sich aber regelmäßig bis ins BIOS gehackt hat. Mit der Schreibmaschine schreibt er jetzt DIN-A4-Seiten voll. Dabei geht nichts kaputt und so eine Papierseite übt keine so eine ungute Faszination aus, wie ein Bildschirm. Ich musste mir daraufhin natürlich auch ein neues Schreibgerät zulegen, eins, das er nicht auch gleich haben will. Es ist eine sehr unspektakuläre Tastatur mit einem Dreizeilen-Display und einem roten Knopf zum Einschalten. Meine Frau sagt, sie hatte so ein Ding als Spielzeugcomputer. Dazu gehört nun aber eine Cloud, in die man quasi direkt hineinschreibt und aus der das Geschriebene auf Tastendruck per Mail versendet werden kann. Die Idee dahinter: Keine Ablenkung und Trennung von Entwurf und Bearbeitung. In fünfzehn Minuten so viele Worte machen, wie möglich. Das funktioniert doch schon mal.
*Kinder unter 14 Jahren können bis zu 2.000 DDR-Mark im Verhältnis 1:1 umtauschen, 15 bis 59jährige bis zu 4.000 DDR-Mark, wer älter ist, 6.000 DDR-Mark. (www.bundesregierung.de) |
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